Wie man in den Wald hinein ruft…

Es war eine Weile ruhig hier in meinem Blog. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer davon ist, dass ich mich hier nach einem Jahr so eingelebt habe, dass ich häufig nicht mehr direkt daran denke, welche Art meiner Erlebnisse hier im täglichen Leben interessant für meine deutschen Leser sein könnten. Dabei gibt es so viele kleine und größere Unterschiede! Jetzt, wo unser Deutschlandurlaub unmittelbar bevor steht, denke ich wieder verstärkt darüber nach. Ich spüre deutlich, dass ich mich zwar unheimlich darauf freue, Freunde und Familie wieder zu sehen, nicht aber auf das Land selber. Was ist es also, was den Unterschied macht? Das Wetter ist ein Grund, aber nicht der ausschlaggebende. Es ist viel mehr die ganz normale zwischenmenschliche Interaktion im Allgemeinen.

“Wie es in den Wald hinein ruft, so schallt es hinaus!” Diesen Satz habe ich in meiner Kindheit oft gehört. Bist du freundlich zu anderen, sind sie es auch zu dir. Bist du es nicht, brauchst du es auch nicht von anderen zu erwarten. Einfache Dynamik. Und hier funktioniert sie wunderbar. Egal ob es der Laden um die Ecke ist oder eine amtliche Behördenstelle wie zum Beispiel die Grenzposten. Geduld und Freundlichkeit zählen unwahscheinlich hoch. Ich habe hier oft beobachtet, dass ungeduldige und unfreundliche Leute auch entsprechend behandelt werden. Dann dauert es länger oder es tauchen plötzlich “Probleme” irgendwelcher Art auf, die den gewünschten Vorgang verzögern. Sobald man aber freundlich grüßt, geduldig wartet, freundlich lächelt, geht auch alles seinen Gang. Es ist hier eher die Seltenheit, dass Freundlichkeit mit Schrulligkeit irgendeiner Art beantwortet wird. Hierzu ein paar kleine Beispiele:

Grenzposten an der Emiratisch Omanischen Grenze. Seit einer Weile haben die Beamten dort ein (scheinbar immer noch nicht gelöstes) Problem mit der Erfassung der neuen Deutschen Pässe. Jedesmal stürzt das System ab, wenn sie versuchen, die Passnummer einzugeben. Da ich alle fünf Wochen dort bin, kennen mich die Grenzposten mittlerweile. Trotz dieser Probleme bin ich bei den letzten Malen immer sehr schnell durch die Prozedur gekommen. Ein bischen freundlich über die Wetterunterschiede zwischen Al Ain und Abu Dhabi unterhalten, nach kurzer Zeit meine Stempel bekommen. Manchmal treffe ich an der Grenze auf andere Deutsche. Einmal hatte ich eine Dame aus einer Deutschen Seniorenreisegruppe vor mir, ebenfalls neuer Pass, gleiches Problem. Nichts ging. Sie hatte die Dame hinter dem Schreibtisch weder gegrüßt noch sonst irgendwas, sie konnte auch kein Wort Englisch. Ein Dolmetscher – vermutlich der Reiseleiter – versuchte zu vermitteln. Die Deutsche Dame beschwerte sich lauthals, fluchte recht unanständig und auch ohne entsprechende Sprachkenntnisse konnte die Grenzbeamtin recht deutlich eine nicht gerade freundliche Stimmung wahrnehmen. Die Beamtin unterbrach ihre Versuche mit dem Pass der Dame und winkte mich vor. Ein paar freundliche Worte und ich bekam meine Stempel bereits nach ihrem dritten Versuch, mich ins System einzugeben. Ich bin mir sehr sicher, das Systemproblem bestand weiterhin, sie kannte mich schlichtweg bereits und mochte mich, da ich immer freundlich und geduldig war. Der Reisebus der Deutschen wartete übrigens immer noch am selben Grenzposten, als ich von der Omanischen Seite zurück kam und wieder in die Emirate “einreiste”.

Hotelpersonal. Auch hier macht es viel aus, wie man auf die Leute reagiert. Ein schichter Gruß und die Standardfrage nach dem Befinden schafft gleich eine andere Atmosphäre. Alleine das Grüßen mit einem Lächeln bewirkt, dass die Leute immer ein strahlendes Lächeln und einen Gruß übrig haben. Gerade was die Leute vom Zimmerservice betrifft, denn diese werden oft komplett ignoriert. Ich unterhalte mich gerne mit ihnen. Die meisten kommen aus Pakistan, Indien, Bangladesh und den Philipinen. Dadurch habe ich bereits eine Menge über die Herkunftsländer erfahren können. Und bei uns finden sich öfter mal zwischendurch eine Obstschale oder/und eine größere Menge Wasserflaschen als gewöhnlich ein. Letztens hat mich der Hotelchef unseres ersten Hotels hier in der Stadt abgepasst, er ist mir um die 600 Meter hinterher gelaufen, bis er mich erwischt hat. Er hat sich gefreut, mich wieder zu sehen und mich gleich auf einem Kaffee im alten Hotel eingeladen. Wir haben uns eine Ganze Weile gut unterhalten, es war ein schöner Nachmittag 🙂

Auch in den von mir öfter besuchten Läden des täglichen Bedarfs werde ich mittlerweile von den meisten Angestellten schon von weitem überschwenglich begrüßt und auf einen Schwatz eingeladen. Ich nutze das manchmal bewusst als Stimmungsheber, wenn ich wegen irgendetwas in gedrückter Laune bin. Dann gehe ich raus, besuche meine üblichen Orte. Wenn die Leute mich mit einem Lächeln begrüßen, einen Schwatz übers Wetter halten, sich schlicht darüber freuen, dass man mal vorbei schaut, dann geht es einem gleich wieder viel besser 🙂

Kleine Beispiele aus dem alltäglichen Leben. Nichts Großes, aber mit einer großen Wirkung unter Strich, wenn man offen dafür ist. Bei unserem letzten Besuch in Deutschland war es ein absoluter Kulturschock, als wir in Frankfurt ankamen. Das Flughafenpersonal war unfreundlich, schrullig, rau. Ein freundlicher Gruß führte zu – nichts, außer dass man verdächtig beäugt wurde. Auf sämtlichen Behörden, in vielen Läden und auch an Orten wie Arztpraxen war es nicht anders. Freundlichkeit schien irrelevant, man hatte immer das Gefühl irgendwie zu stören…

Auch wenn ich in jüngeren Jahren nicht wirklich verstanden habe, warum meine Eltern einen so großen Wert auf freundliche Umgangsformen legten, wenn sie doch kaum jemanden sonst zu interessieren schienen, bin ich sehr froh, dass ich diese Werte dennoch verinnerlicht habe. Hier, wo das Prinzip “Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es hinaus” tatsächlich funktioniert, macht es den Alltag um längen reicher. Kleine Sache, große Wirkung 😉

In diesem Sinne noch einen schönen Tag!

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