Villasuche auf Arabisch und warum Adressen nur Nummernsalat sind

Nach dem Reinfall mit den kleinen und stark überteuerten Luxusapartments auf Reem Island haben wir uns nach langem Hin und Her dazu entschieden, lieber ein Stück aus der Stadt hinaus in eine kleine Villa zu ziehen. Viel mehr Platz und Wohnqualität zu wesentlich besseren Preisen.

Gestern Nachmittag hatten wir nach langer Suche und vielen Fehlversuchen endlich wieder einen Maklertermin, um uns eine kleine Villa in unserer Preisklasse anzuschauen. Der Ort unseres Begehrens nennt sich Al Reef und ist eine Wohnanlage mit vier verschiedenen Villen”dörfern”, die sich lediglich von der Außenfassadengestaltung unterscheiden (Arabian Village, Mediterranian Village, Desert Village und Contemporary Village). Al Reef befindet sich auf dem Festland von Abu Dhabi ein wenig außerhalb der Stadt, ist aber durch sehr günstige Busse und Taxis voll angebunden. Ruhige, herrliche und finanzierbare(!) Wohngegend, in der ich auch ohne eigenes Auto tagsüber nicht von allem abgeschnitten bin.  Fast über die Hälfte der Häuser steht noch leer, genügend Auswahl sollte es also geben. Einen Termin für eine Besichtigung zu bekommen, klingt einfacher als es letztendlich ist, wenn man die regelrechte Maklerschwemme hier betrachtet.

In jedem Fall wollten wir eine Villa mieten, die bereits einen persönlichen Eigentümer hat und nicht der Bank gehört. Die Banken wollen nämlich noch mal bis zu 20 Prozent mehr Miete für das baugleiche Objekt. Also haben wir zuerst Inserate gewälzt, in denen lokale Eigentümer ihre Objekte eingestellt haben. Würde immerhin die Kaution für den Makler sparen. Irgendwie hat sich da aber keiner zurück gemeldet. Daraufhin schrieb ich alle möglichen Maklerfirmen an, die die kleinen Villen auch zu günstigeren Preisen gelistet haben. Entweder mir wurde gesagt, sie seien schon weg, sie könnten uns aber diese Objekte für 20 Prozent mehr Mietzahlung anbieten, oder aber wir bekamen gar keine Rückmeldungen. Die Maklerfirmen haben als oberste Priorität die Objekte zu vermieten oder zu verkaufen, die noch den Banken gehören. Und die Banken verlangen sehr viel mehr Geld als die privaten Eigentümer. Wenn man bedenkt, dass man hier die gesamte Jahresmiete im Voraus bezahlt, muss man sich da schon gut überlegen, was man sich leisten kann.

Letztendlich landeten wir dann doch wieder beim ansässigen Marktführer, die melden sich wenigstens zurück und sind zuverlässig. Allerdings war unsere letzte Erfahrung mit einer polnischen Maklerin der Firma eher nicht so gut. Sie war es, die uns diese winzig kleinen Luxusapartments für wahnsinnig überteuerte Preise andrehen wollte, obwohl wir ihr sagten, das gibt unser Budget nicht her. Sie hatte keine sinnvolleren Objekte für uns. Diesmal sind wir an einen arabischen jungen Mann geraten. Bereits am Telefon teilte ich ihm mit, was unser absolutes Maximum ist und das ein Termin wirklich NUR Sinn macht, wenn das Objekt unser Budget nicht übersteigt. Ich klang wohl verzweifelt genug oder vielleicht fand er auch mein “zartes” Stimmchen sympatisch, auf jeden Fall hatte er kein Problem damit, uns Villen von Eigentümern zu zeigen. Wir machten also einen Termin aus, und der war gestern.

Wir wussten zwar von Freunden, dass Al Reef super ans Busnetz angebunden ist, aber da genau dieses hier erst kürzlich wieder vollständig umgestellt wurde und auch sonst sehr kreativ variiert, hatten wir keine Chance im Voraus heraus zu finden, wo wir welchen Bus von der Stadt aus nehmen könnten, also fuhren wir mit dem Taxi nach Al Reef. Wir waren eine Stunde eher dort, um uns schonmal ein wenig umzusehen. Klasse Idee mittags bei 44 Grad eine Stunde durch die Sonne zu spatzieren. Für die ersten Eindrücke vom Umfeld war es aber sehr ok. Bushaltestellen gibt es dort nahezu alle 500 Meter, gehalten wird da, wo jemand steht oder aussteigen will. An den Haltestellen selbst hängen dann auch die Pläne, welcher Bus wo und wann lang fährt. Manchmal ist ein Fotohandy praktisch 😉

Meinem Mann viel ein Kleinwagen auf, in dem zwei junge arabisch aussehende Männer permanent Runden ums Karree fuhren. Wir amüsierten uns ein wenig darüber. Zielloses Herumfahren ist für manche junge Emiratis hier eine Freizeitbeschäftigung. Allerdings haben die für gewöhnlich nicht die Autofenster auf bei der Wärme. Als die Uhrzeit unseres Termins gekommen war, stellte sich heraus, dass in diesem Auto unser Makler und sein Kollege saßen. Sie sind bis zu unserem Termin nur Runden mit offenen Fenstern gedreht, weil die Klimaanlage im Auto defekt war. Die Makler im Kundendienst müssen für gewöhnlich mit ihren Privatwagen fahren, der Markt ist heiß umkämpft, das große Geld streichen hauptsächlich die Chefs ein und nicht die Kundenbetreuer. Wir wurstelten uns also auf die Rückbank und die beiden begannen, eine Villa zu suchen, von deren Eigentümer sie sich extra noch den Schlüssel besorgt haben. Sie hatten den Schlüssel mit einer vierstelligen Nummer am Anhänger und die Angabe, die Villa sei im Arabian Village. Und so startete die Suche…

Wer hier aufgewachsen ist (was die beiden zu sein schienen), kennt kein Adresssystem mit Hausnummern und Straßennamen für andere als nur die großen Hauptstraßen. So etwas gibt es in Abu Dhabi noch nicht, soll aber jetzt eingeführt werden. Man hat lediglich die großen Hauptstraßen benannt (und immer wieder umbenannt), damit hat man grobe Richtungen. An sonsten wird sich an sogenannten Landmarken wie Einkaufstempeln, Hotels und anderen markanten Gebäuden, Parkanlagen oder sonst was orientiert. Die großen Tower hier haben alle eigene Namen und werden als Orientierungspunkte benutzt. Wenn man hier ein Navigationssystem benutzt, macht dass nur Sinn, wenn man die Erdkoordinaten vom gewünschten Ziel hat.

Al Reef ist sehr neu und besitzt nummerierte Straßen mit Hausnummern. Außerdem hat nochmal jedes Haus seine eigene Nummer. Allerdings fangen in jedem der vier Villenareale die Straßennummerierungen bei eins an. Und sie sind nicht rechtwinklich sondern eher spiralförmig mit Zwischenverbindungen angelegt. Überall sonst in Abu Dhabi ist alles rasterförmig aufgebaut, damit haben die Leute hier umzugehen gelern. Einen brauchbaren korrekten Stadtplan hatten wir nicht, sonst hätten mein Mann und ich das System dort vielleicht durchschauen können.

Die beiden Araber waren völlig aufgeschmissen. Das Konzept der Nummerierungen unbekannt hatten sie nur den Schlüssel mit vier Ziffern drauf. Es war nicht ersichtlich, ob es sich dabei um Straßen- und Hausnummer oder nur um die Villennummer selber handelte. Der Eigentümer war nicht zu erreichen. Wir drehten lange Runden und versuchten aus dem Auto heraus sämtliche Nummern zu erkennen, probierten alle Möglichkeiten durch, die die Ziffern auf dem Schlüsselanhänger bedeuten könnten. Wir landeten immer wieder vor bereits bewohnten oder zu großen Objekten. Der Eigentümer war telefonisch nicht zu erreichen. Nach einer dreiviertel Stunde fuhren wir ins Contemporary Village, da bei einem Anruf im Büro jemand auf die Idee kam, vielleicht stimme einfach das Village nicht, denn im Contemporary würde eine vierstellige Villemnummer existieren, die mit besagten Ziffern übereinstimme. Als wir diese dann nach weiterer längerer Suche fanden, war sie bereits bewohnt, das war dann wohl auch nicht die Richtige.

Nächster Stop war das dortige Büro der Maklerfirma, ebenfalls eine solche kleine Zweischlafzimmer-Villa. Da die Häuschen von innen wirklich alle komplett baugleich sind inclusive der bereits vorhandenen Küchenmöblierung, konnten wir uns schon mal einen kleinen Eindruck verschaffen (wirklich nur einen sehr kleinen, der Hauptwohnbereich unten war komplett vollgestellt und die Terassentür zugehangen gegen die Sonne). Dort beschwerten sich unsere beiden Kundenberteuer erst einmal maßlos über den Eigentümer, der wohl selber nicht wisse, wo sein Objekt nun wirklich stünde. Also haben die Jungs kurzerhand einen anderen Schlüssel zu einer Villa im Desert Village geschnappt, die wir zu ähnlichen Konditionen bekommen könnten. Sie versprachen uns, die andere Villa noch ausfindig zu machen. Da die beiden innen ja komplett baugleich, maximal spiegelverkehrt aufgebaut sind, läge dann die Entscheidung bei uns, welche wir nehmen, wenn wir uns denn für eine Villa entscheiden wollen. Die Desert Village Villa fanden die beiden recht schnell, wir haben nur beim Nummernschilderlesen aus dem Auto heraus geholfen.

Wir traten also ein und schauten uns um. Und waren begeistert. Nicht nur dass die auf den Grundrissen angegebenen Maße tatsächlich stimmten, so ein Häuschen ist einfach absolut wie gemacht für uns! Stauraum, Platz, eine herrliche offene Küche in den großen Wohnbereich hinein, ca. 30 Qadratmeter privater Garten mit Terasse am Wohnbereich, separater Waschmaschinenraun, Toilette unten, gleich am Eingangsbereich nochmal ein kleiner offener Raum für sonst irgend etwas, im Obergeschoss dann zwei Bäder und zwei Schlafzimmer, eines davon größer und mit eigenem Balkon. Alles in allem machte das Häuschen auf uns einen sehr guten Eindruck, geradezu wie geschaffen für uns. Bei dem Haus war aber der Eigentümer noch nicht in Kenntnis, dass es Interessenten gibt. Wir klärten also ab, dass wir auf jeden Fall eines der beiden Häuser nehmen, wenn die Konditionen für uns stimmen.

Glücklich fuhren wir für umegrechnet 80 Cent pro Nase mit dem Bus die 40 Kilometer in die Stadt zurück. Wir mussten nicht lange warten, allein vier Buslinien mit kompfotablen Bussen fahren von Al Reef nach Abu Dhabi Downtown. Die Fahrt dauert nicht lange, weil der Bus über die Inselautobahn direkt außen rum um die Stadt fährt, bis er genau am richtigen und interessanten Teil ins Tourist Club Areal im üblichen Staugewimmel landet und man getrost mitten im Stadtleben aussteigen kann.

Gerade hat mich unser Kundenbetreuer noch einmal angerufen und die gute Nachricht erteilt, sie haben die für uns geplante Villa ausfindig gemacht. Sie ist im Contemporary Village und damit eine der neuesten Objekte dort, ganz nah am Village Pool und Sportareal. Der Eigentümer läßt das Haus für uns diese Woche fertig machen. Also nochmal malern, reinigen, alles auf seine Funktionalität prüfen, Klimaanlagenfilter wechseln – die üblichen Wartungsdinge eben. Jetzt liegt nur noch alles daran, wie schnell mein Mann diese Woche seine Stempel im Visum fertig bekommt, ein emiratisches Bankkonto aufmacht und unsere Ersparnisse und die Wohnpauschale von der Firma aud das Konto transferiert werden. Und dann können wir in ca. zwei Wochen einziehen! Endlich ein neues zu Hause einrichten!

Ich gebe es ja zu… Gestern Abend haben wir schon kräftig an der Inneneinrichtung geplant und überlegt, haben also bereits eine genaue Vorstellung davon, wie es dann werden könnte 😉 Und dann habe ich auch endlich wieder ein eigenes Atelier sogar mit Balkon!

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